Nach der biblischen Schöpfungsgeschichte gab es drei grundsätzliche „genera“ von Tieren: Vier- bzw. Paarfüßler, Vögel und Fische.

Die einzelnen Genera wiederum enthalten natürlich jeweils eine große Zahl an "species". 

"Natura" meint hingegen in diesem Zusammenhang nicht ein Einteilungsprinzip, sondern das "Wesen", die Beschaffenheit der verschiedenen Tiere. 

Interessant ist der Gebrauch des Begriffes  „Erfahrung“ („experientia“), wird dieser Terminus doch  erst ab dem 12. Jahrhundert, endgültig ab etwa 1250 mit Roger Bacon im modernen naturwissenschaftlichen Sinn verwandt.

Dieses Erfahrungsdenken ist im Grunde aristotelisch und zeugt von den bereits recht guten Aristoteleskenntnissen Neckhams (vgl. Werkeinleitung). 

Albert der Große kommentierte später die naturwissenschaftlichen Werke des Aristoteles, fand darin aber bis zur Renaissance keine Nachfolger. Der Erfahrung folgen in dieser Zwischenzeit allerdings die künstlerischen Darstellungen der Tiere.

Die Natur selbst redend, also als Person, auftreten zu lassen, kann in Neckhams Zeit als eine Besonderheit gesehen werden. Sich hier nicht auf den Schöpfer zu beziehen, sondern die Natur als eigene Instanz zu werten, ist typisch für die Schule von Chartres, deren Vertreter Alanus von Lille Neckham in Paris gehört hatte. Alanus selbst hatte wiederum noch einen der zentralen Repräsentanten besagter Schule, Thierry (von Chartres), zum Lehrer. Neckham kennt die Terminologie der Schule von Chartres sehr genau: Auch in den Gedichten des Alanus war die Natur bereits personifiziert worden. 

Die Kombination der Begiffe „enucleare“ und „praesumere“ deutet darauf hin, dass menschliche Forschung in der Traditon als „Vorwitz“ galt – der Mensch, so glaubte man, dürfe sich nicht anmaßen, in die Geheimnisse der Natur einzudringen und sie zu erforschen, da ihm dies nicht zustehe.

Trotz seiner Kürze zeigt der Text also Wichtiges über Neckhams Behandlung der Natur: Einerseits ist er über die eher erzählende Darstellung etwa des „Physiologus“ hinausgewachsen und ist von der Naturwissenschaft sehr berührt, andererseits aber tief in Theologie und Philosophie verwurzelt.

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