|
|
Ich bin ein Lehrer! So mache ich zum Beispiel einen brillanten Unterricht, wie ich zumindest finde. Daß meine Schüler nichts davon verstehen, liegt an ihrer himmelschreienden Dummheit und arroganten Ignoranz. Vor allem Schüler im Alter von 18 bis 20 Jahren erscheinen mir immer wieder unfähig, einen Unterricht angemessen beurteilen zu können. Doch ich habe einige Tricks auf Lager, wie ich stupiden Lernenden und erfolgsneidigen Kollegen eines auswischen oder sie geschickt auf meine Seite zu ziehen vermag. Weil ich nämlich unfehlbar bin, fällt es mir leicht, alle Schüler davon zu überzeugen, daß sie für diese Schulart nicht geeignet sind. Dies verbinde ich mit zusätzlichen Mitteln, wie zum Beispiel Beleidigungen gegen einzelne, Frotzeleien über körperliche Defizite, rassistische Witze, Lächerlichmachen von Leistungen, faire Notengebung, Mißachten der Beurteilungen von ohnehin unfähigen Kollegen und ständige Beweise meiner unermeßlichen Weisheit. Deshalb habe ich meine Schüler immer im Griff, und sollte je etwas anderes drohen, etwa daß einer etwas zu können scheint, sich Mühe geben will oder sogar ich an meine Grenzen geraten sollte, mache ich derlei Ansätze gleich zunichte, zum Beispiel durch Abfragen noch nicht gelernten Stoffes, pädagogisch wertvolles "Vor-die-Tür-setzens", Meldung beim Klassenlehrer/Rektor mit Beifügung geschickt von mir fehlinterpretierter "Provokationen", die der Betreffende als Verständnisfragen geäußert hatte. Mein Trumpfas ist jedoch nervöses Verhalten und Aufdeckung grober Ordnungsverstöße, wie Fragen nach Hausaufgaben oder Ausleihen von Radiergummis. Selbstverständlich bin ich bei meinen Schülern beliebt, indem ich in der Pause flache, unverständliche Witze reiße, mich bei Schülerinnen anbiedere, Lieblinge küre, Noten im nachhinein verbessere oder verschlechtere, Unterricht frei nach meinen Vorstellungen und endlich frei von diesem lästigen, abiturrelevanten Lehrplan gestalte und bösen Schülern, oder was ich dafür halte, keine Chance zur Besserung gebe. Ein tolles Mittel, das ich auch gerne verwende, ist, andere Kollegen in meinem Unterricht bloßzustellen und mich vor meinen Schülern über deren Unfähigkeit lustig zu machen. Seltsam, daß von den undankbaren Tropfen nie einer lacht. Sehr bewährt im Umgang mit den Kollegen hat sich auch das direkte Einmischen in deren Unterricht und vor allem das Anschreien dieser Schwachköpfe vor ihrer eigenen Klasse. Das hinterläßt immer einen bleibenden Eindruck! Der Clou meiner Taktik ist jedoch das Anschwärzen von "Mitpädagogen" beim Direx. Meine besten Charakterzüge habe ich aber noch gar nicht genannt: ich bin immer freundlich und ausgeglichen und stehe auf Grund meiner pädagogischen, staatlichen Ausbildung immer über den Dingen. Auch bin ich immer gerecht, gut vorbereitet, korrigiere sorgfältig, bin am Weiterkommen meiner Zöglinge interessiert und helfe, wo ich kann. Ich grüße immer zurück, wenn Schüler mir salutieren (und darf sie deshalb getrost zur Schnecke machen, wenn sie mich während eines Gesprächs mit einem Kollegen nicht beachten!). Weil ich so unglaublich engagiert bin, besuche ich, so regelmäßig wie möglich (also eigentlich nie), die Veranstaltungen meiner Schule. Ich honoriere jedesmal sportliche Erfolge, zusätzliches Engagement von Schülern oder musikalische Leistungen, indem ich großzügig über Beurlaubungen hinwegsehe. Selbstverständlich muß ich aus meiner pädagogischen Verantwortung heraus die Betreffenden mit sachlichen Gesprächen darüber aufklären, daß sie die höchsten Weihen durch ihre zusätzliche Arbeit zum Ansehen der Schule (die ich dennoch vorbehaltslos unterstütze, weil ich mir ihrer Bedeutung bewußt bin) leider versäumt haben. Ich selbst bemühe mich unablässig um das Wohl der Anstalt, was aber von diesem undankbaren Gesocks nie gebührend gefeiert wird. Daher habe ich als wichtigster Mensch in diesem Weisheitstempel auch das Recht, Schülern alles madig zu machen, Termine platzen zu lassen und vor allem gegen diese egozentrischen Lehrer vorzugehen, die durch das Aufopfern ihrer Freizeit lediglich sich selbst in den Vordergrund spielen und mir dadurch die Show stehlen wollen! Dabei muß doch jeder gemerkt haben, was ich schon lange weiß: Ich bin der XXX!!!
Okay, soviel zu Tagebuch Nummer 1 - nicht leicht, irgendwie trifft das wohl auf einen Haufen Lehrer bei uns zu, nicht? Also bitte Tagebuch II lesen.... |